BEFRAGUNG EINER FEUERAMEISE DURCH DEN BUNDESGRENZSCHUTZ

Der historisch sehr langen Tradition von der Herstellung von Collagen folgend hat der Künstler P. – A. Fritze bereits in den 80er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts so genannte ARTE-POVERA-COLLAGEN entwickelt. Das hierbei verwendete Ausgangsmaterial ist tatsächlich ausgesprochen spärlich -, ja geradezu ärmlich. Die Auswahl des Grundmaterials „Zeitungspapier“ wird nicht durch die hier in diesem Medium vorgestellten Bildmotive bestimmt, sondern der Künstler entscheidet sich ganz bewusst im Sinne der ARTE-POVERA-TRADITION für „gewöhnliches“ Zeitungspapier als Gestaltungsmerkmal. Es handelt sich hierbei um eine strenge Auswahl von Zeitungsphotos der damals aktuellen Tagespresse. Die Verwendung dieses Materials ist dadurch gerechtfertigt, dass es für ihn eben auch das einfachste und preiswerteste Mittel ist – nämlich das meist üblich schnell entsorgte Zeitungspapier. Das Bildmaterial in den Zeitungen bestand, wie wir uns erinnern, zum größten Teil noch aus Schwarz-Weiß- Fotografien mit den entsprechenden Grauabstufungen - damals bei allen Fotografien in der Tagespresse die Regel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG und manchmal DIE ZEIT waren für den Künstler in den meisten Fällen die Materialgeber. Das Ziel war es hierbei, wie auch die späteren farbstarken Arbeiten mit Quellen aus den aktuellen Hochglanz-Zeitschriften zeigen, eine absurde und poetische Visualisierung des Materials durch entsprechend originelle Kombinatorik zu erreichen.

Wie wir erkennen entsteht eine subtile Verfremdung des Grundmaterials durch die ungewohnte Zusammensetzung überraschender Bilddetails aus unterschiedlichen Fotomotiven zu einer nicht vorhersehbarer „neuen Realität!“ Durch Zerstückelung, Beschneidung oder Überlagerung. Mit markanten „Bruchstücken“ von Motivteilen entstehen unvorhersehbare neue Bilder mit überraschenden Paradoxien und narrativen Aussagen. Nicht wenige Arbeiten sind mit Tusche, Tempera oder Deckweiß bearbeitet und schließlich, um eine stärkere Vergilbung bei den älteren Papieren in den Schwarz/Weiß-Collagen zu neutralisieren, mit monochromen Schlusslasuren überzogen! –

Es entstanden bisher vier Werkgruppen: Die bereits erwähnten Schwarz-Weiß-Arbeiten mit den Pressefotos der 80er bis 90er Jahre, das imposante Thema Bodybuilding, Bekleidung und Mode und schließlich eine Reihe mit asiatischen Impressionen.

Ein paar Beispiele sollen hier Erwähnung finden:

Die Collage CSW006 wirft die Frage auf, wie kann es sein, dass ein Schwimmer im Wasser der Mona Lisa begegnet? Abgründig erscheint uns hingegen eine im Weltall schwebende übergroße Kaffeetasse gefüllt mit einer bleiähnliche Flüssigkeit (Silberstift), mit menschlichen Skeletten angereichert die mit versteinerten Leibern einer römischen Familie, die vor 1.500 Jahren bei einem Erdbeben auf Zypern ums Leben kam eine beklemmende absurde Symbiose eingeht. Oder ist es das Babygesicht, das im Schlaf hinter dem auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt – noch durch eine Plane verdeckten 7er BMW von 1987 als Metapher auf die kommende Autokrise hinweist? (CSW016) In den Collagen überraschen uns immer wieder poetische Rätsel: Wie kommt eine ölverschmutzte Ente auf die Rodelbahn eines Skeletonfahrers? (CSW019) Aus durchaus aktuellem Anlass führt ein Beamter des Bundesgrenzschutzes die Befragung einer eingewanderten Riesen-Feuerameise in dem Bild CSW025 durch.

So werden in der Serie Bodybuilding die aufgeblasenen „Edel“- Körper bis zur Groteske geradezu brutal verfremdet und zusätzlich mit Schmuck für die Damen in eine absurde Lächerlichkeit geführt. Die durch sinnentleertes Training hoch gepuschte Muskulatur ist mit ihren Wülsten teilweise aus den Körpern geschnitten und die entstandenen Öffnungen sind mit farbigen Papieren unterlegt. Die Muskelfetzen sind an Fleischerhaken an die obere Blattkante montiert oder liegen abgeschnitten auf dem Asphalt der Straße. (CF014 u. CF015)

Der Kunsthistoriker Gerhard Charles Rump attestiert dem Collagisten P. – A. Fritze zu seinen Arbeiten eine originäre, humorvolle und autonome Gestaltung. Sowohl bei der frühen Werkgruppe der narrativen schwarz-weißen Bildwelt der 1980er Jahre als auch für die expressiven farbigen Collagen zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit den „GRAPHIC-WALL-COVERINGS“ (Luxustapeten) für die Gestaltung der Passepartouts als besonderer optischer „Leckerbissen“ gilt nach wie vor die Devise, dass der nachschöpferische Beitrag des Betrachters stets der Schlüssel zu Erkenntnis und Vergnügen sei.

Caspar Herzrot M. A.