Können wir Calcium und Magnesium neu entdecken?
In den Arbeiten zur Malerei ist es nicht die Absicht, eine Realität abzubilden, sondern es werden oft ganz bestimmte "Fundstücke" zueinander gesetzt, um eine neue poetische Realität zu erschaffen, die vielleicht in der Tradition einer metaphysischen Malerei steht. So werden die Gemälde von einer geradezu "gestalthaften Wirklichkeit" beherrscht und entwickeln imaginäre Bildwelten.
Figuren, Gegenstände und Bildzeichen signalisieren beeindruckende konkrete Aussagen in Form und Kolorit. Die Themen belegen oft absurde, nicht deutbare poetische Motivfindungen einer unergründlichen Gegenwelt. Ein leiser Humor, verbunden mit einer unaufdringlichen Erotik, ist als Grundelexier bezeichnend. Eine subtile Interpretation der spektralen Farbenlehre innerhalb einiger Motive sowie eine konkrete expressive Formen- und Farbensprache sind ein dringendes Anliegen. So bezieht sich beispielsweise der Titel "Die Entdeckung von Calcium und Magnesium" des Kartenkatalogs auf altrömische Medizingläser - so genannte Balsamarien -, die etwa auf 100 n. Chr. datiert sind und sich im Römisch-Germanischen Museum in Köln befinden. Zwei besonders in ihrer filigranen Formensprache ausdrucksstarke - antike Glasschöpfungen wurden vom Künstler "Calcium und Magnesium" getauft und als Schlüsselsymbole für die grundlegenden Mineralstoffe vielfach in die Malerei integriert. Denn schließlich funktioniert ohne Calcium und Magnesium bekanntlich nichts!
Der Protagonist in diesem Bild ist ein berühmter Tennisspieler mit einer "fiktiven" Partnerin. Beide haben auf den von Holger Scheel um 1983 entworfenen postmodernen Sesseln Platz genommen und zelebrieren, ohne Netz in den Schlägern, die Entdeckung überhaupt. In weiteren Arbeiten begleitet signifikantes zeitgenössisches Interieur mit Chrom und Glas und typisches Design die Szenerie der "Spieler".
Gleich der geheimnisvollen Aura der Balsamarien findet der aufmerksame Betrachter weitere "Gegenstände" in den Bildern: eine Jadeschale der Ming-Dynastie, die Dame Jade als "Doctor-Lady" - als Symbol und Anspielung auf die "Nackte Maja" von Francisco Goya (1803). Die Blume Akelei, eine Porzellan-Ballerina sowie ein Harlekin mit Sternenschale oder in dem Gemälde "Im Sekretariat der Wünsche" ein weibliches Symbol der Indus-Kultur(3000 v. Chr.) verkörpert das immer aktuelle Erotikmotiv. Die ultramarinfarbenen Vasen ohne Blumen werden durch fahles Mondlicht - im Lichte der Dunkelheit - zum Leuchten gebracht. Die Tennisschläger, deren Schlagnetze als so genannte "schwarze Löcher" in einige Themen transponiert sind, finden in dem Bild "Plus Minus" durch die so genannten Nichtfarben Schwarz und Weiß eine Entsprechung zu den Leistungen von Windkrafträdern. Das Gemälde ""Grüne Aello in Hoppenbruch" schildert die Begegnung einer Harpye - einer Göttin aus der griechischen Mythologie - mit der ersten Windkraftanlage in Deutschland. Die Harpyen waren in ihrer vogelartigen Frauengestalt für die Winde verantwortlich. Das Bild klärt nicht darüber auf, ob die Aello - die für die gemäßigten Winde verantwortlich war - bei dem Zusammenstoß das Windrad stoppen oder in Schwung setzen will. Die Windkraftanlage verursacht eine Verletzung!
Bei den Hantelmotiven sind die Kraftspender zersägt, wobei sich in dem Gemälde "Verdigris" (franz. Grünspan) die zerronnene Zeit über das Metall legt. In den Arbeiten jüngeren Datums hellt sich die Farbgebung zunehmend auf und verdrängt die dunkle Farbstimmung früherer Arbeiten, die auch als Nachtbilder (Mondlicht) gesehen werden können. Die eher nüchterne Darstellung von Konsumartikeln und Lebensmitteln, die auf Glasplatten präsentiert werden, sind als eine Weiterentwicklung des Stilllebens überhaupt zu sehen.
Bei den figürlichen Motiven spielt die Bekleidung der Protagonisten als dramaturgische Aussage eine wesentliche Rolle. Es handelt sich um unterschiedliche Formen moderner Sportbekleidung oder Beispiele aus der Kostümgeschichte - wie die Zatteln in dem Bild "Carpe diem II" -, welche aus der Burgundischen Mode des 13. Jh.s entlehnt sind. Oder das Mi-parti (franz. halb geteilt) in dem Gemälde "Lamento Orange" an der "Spielerin" wird in den Farben Gelb und Violett aus dem Spektralfarbkreis gesteigert. Das Möbel, auf dem die Schöne mit einem Bein kniet, ist eine Verballhornung des berühmten Stuhls von G. Thomas Rietveld, ein so genanntes "Re-Design" der Gruppe Alchemia (Italien 1978).
Ebenfalls verwandelt der Maler in den Gemälden Realitäten und Ereignisse durch entsprechendes poetisches Verweben in unerwartete Abläufe des Geschehens. Es werden miteinander unvereinbar scheinende Elemente verknüpft, wobei eine neue Realität, verbunden mit einer gewissen Metaphorik, entsteht. Ein Beispiel ist das Gemälde "Memory of Jeff and Michael on Madagascar", von 2010, das die Pop-Ikone Michael Jackson in der bekannten Körperhaltung der Skulptur "Michael Jackson and Bubbles" (1988) von Jeff Koons zeigt. M. J. sitzt hier jedoch in einer tropischen Landschaft auf Madagaskar und hält, statt eines Affen (bei Koons), einen anderen Primaten - einen Ringelschwanz-Lemur - auf seinem rechten Knie. Jackson ist mit einer russischen Uniform ausgestattet. Es handelt sich um jene Bekleidung, die er bei einem Besuch in der russischen Metropole trug, als er aus dem Flugzeug stieg. Das Gemälde "Old Michael in bronze", ebenfalls 2010, zeigt M. J. einen antiken Rahmen haltend - als weit älteren Mann, der er ja nicht geworden ist - in einer historischen Militäruniform, welche im Brustbereich mit Goldmünzen bestückt ist. Er ist malerisch in dem Matall Bronze dargestellt. Hier also eine Interpretation nach einer bekannten Bronzebüste, die Jackson in seinen jüngeren Jahren zeigt. Beide Gemälde stellen eine ironisierende Ehrung für Michael Jackson dar.
In den letzten Jahren nimmt der Maler häufig zu politischen Ereignissen eine originelle, ironische und kritische Position ein. Als Beispiel wird ein etwas spektakulärer Schuhkauf der Dame Asma (2012) – Ehefrau des syrischen Diktators Assad - für den Maler Peter-Arnold Fritze zum Anlass, in provokanter Weise den mit spitzen Kristallen ausgestatteten Schuhen zwei Liebesspielzeuge (Dildos) und eine vertrocknete Distel beigefügt. (Siehe auch Katalog Seite 59, Homepage Register 102)
Aktuelle zeitgeschichtliche Anlässe bieten auch die Gemälde:
Stets belegen die Arbeiten verbindliche Aussagen in Form und Kolorit. Jedoch sind sie nicht nur einer handwerklichen Tradition verpflichtet, sondern es werden auch Fragen an das Medium Malerei neu gestellt.